Kurz & bündig
- Alfred Vogt bewirtschaftet eher trockene Böden. Darauf baut er herbizidfreien Weizen an.
- Ernst Waber bewässert regelmässig seine Rüebli und Kartoffeln. Die Anlage dazu stammt aus den 1970er-Jahren.
- Christoph Meier hat dank mehrheitlich schweren Böden auch in trockenen Jahren einen guten Futtermais-Ertrag.

AboGaudenz Flury (42) auf dem Meteo-Dach: Seine einfach verständlichen Wetterprognosen basieren auf komplexen Computermodellen.KlimawandelInterview mit Meteorologe Gaudenz Flury über Klima, Wetter und das HeuenMittwoch, 26. April 2023 Der Klimawandel bringt grosse Veränderungen, ohne dass wir genau abschätzen können, was das für jeden Einzelnen bedeuten wird. Die Schweiz erlebte beispielsweise einen sehr heissen und viel zu trockenen Sommer 2022. Mit dem Klimawandel werden solche Wetterextreme häufiger auftreten.

Das Perfide daran: Es kann auch in die andere Richtung kippen – so geschehen 2021, als der Sommer ungewöhnlich nass war. LandwirtInnen sind von unberechenbaren Wetterextremen direkt betroffen. Welche Strategie wählen die Betriebe, um ihre Getreideerträge zu sichern, ihren Tieren Futter anbieten zu können und der Bevölkerung Nahrung zu liefern?

Eine Möglichkeit, um etwas von diesem Risiko eines Misserfolgs abzufedern, ist der Abschluss einer Versicherung (siehe Kasten am Ende des Artikels). Das sichert zwar nicht die Produktion, aber es ermöglicht eine finanzielle Entschädigung für die Ernteausfälle.

Von drei Landwirten wollten wir wissen, welche anderen Strategien sie auf ihrem Betrieb umsetzen.

Scherz AG: Herbizidfreier Weizen an trockenem Standort

«In trockenen Jahren ist Getreide das schlechteste Beispiel in dem Sinne, als dass der Anbau vergleichsweise einfach bleibt», sagt Alfred Vogt und lacht. Trockenheit im Sommer kann der Kultur nicht mehr viel anhaben, weil das Korn bereits ausgebildet ist. «Vielleicht reift der Weizen früher ab, aber immerhin gibt es einen Ertrag», so Vogt. Schlimmer ist es, wenn es bereits im Juni extrem trocken ist und die Ähre deshalb nicht richtig schiebt. Doch damit habe er zum Glück noch nie Probleme gehabt. [IMG 2]

Alfred Vogt bewirtschaftet in Scherz AG einen Betrieb mit Ackerbau, Rinderaufzucht und Freilandschweinehaltung. Auf rund 30 ha Ackerland produziert er herbizidfreien Winterweizen für IP Suisse, Raps, Sonnenblumen und Kartoffeln – wobei bei letzteren zur Krautvernichtung das einzige Herbizid eingesetzt wird.

Seine Böden seien typisch für die Region: Leicht, schnell abtrocknend und mit geringer Wasserspeicherkapazität, erklärt Vogt. Genau das macht er sich bei der herbizidlosen Extenso-Produktion zunutze. Denn unter trockenen Bedingungen hat auch Unkraut Mühe, aufzulaufen. Und das Getreide bleibt auch meist gesund. Trockene Jahre sind folglich im Extenso-Anbau gute Jahre.

«Eigentlich wären meine Böden bestens geeignet für Gemüsebau und Spezialkulturen», sagt Vogt. Doch wegen der zunehmenden Trockenheit und Hitze verzichtet er: «Ich baue nur Kulturen an, welche trockenheitstoleranter sind. Auch bei der Sortenwahl setze ich auf diese Eigenschaften. Bei den Kartoffeln zum Beispiel eignen sich Markies und Erika bei mir besonders gut.»

Mit der Düngung kann man vitale Pflanzen fördern

AboDie steigenden Temperaturen lassen bei fehlendem Niederschlag die Böden weiter austrocknen – die Schweizer Landwirtschaft muss sich auf heissere Sommer einstellen.KlimawandelDer IPCC-Bericht belegt: In der Schweiz ist es deutlich wärmer gewordenDonnerstag, 27. April 2023 Damit die Kulturen gegen Trockenheit oder auch Befall von Schädlingen gut gewappnet sind, gebe er Vollgas bei der Düngung, erklärt Vogt: «Ich will vitale Pflanzen, die Abwehrkräfte haben.» Beim Raps gibt er 160 bis 170 kg Stickstoff, beim Weizen 140 kg Stickstoff.

Dabei setzt er auf den Mineraldünger Entec, den er dank des enthaltenen Nitrifikations-Hemmers in einer Gabe ausbringen kann und der somit vor einer allfälligen Trockenheit wirkt. Zusätzlich verteilt er nebst der eigenen Rindergülle noch Presswasser aus einer Biogasanlage, um Kalium und Phosphor zur Verfügung zu stellen.

Mit den Erträgen sei er zufrieden: «Ich erziele zwischen 60 und 70 dt Weizen pro Hektare und zwischen 35 und 40 dt Raps pro Hektare. Das sind nicht Spitzenerträge, aber Aufwand und Ertrag stimmen», sagt Vogt.

Frühlingskulturen wie Sonnenblumen oder Kartoffeln sind stärker als die Herbstkulturen darauf angewiesen, dass eine gewisse Feuchte im Boden vorhanden sei, sagt Alfred Vogt. Früher hatte der Landwirt die Kartoffeln bewässert – bis er vor zehn Jahren die Anlage verkaufte.

Stattdessen zieht er im Dezember oder Januar eine Winterfurche und setzt dann die Kartoffeln «all in one», also ohne nochmals den Boden zu bearbeiten.

Dank diesem Verfahren verdunstet im Frühjahr wenig Wasser und die Kultur läuft zügig auf. Die alsbald geschlossenen Pflanzenbestände mit viel Blattmasse schützen den Boden vor dem Austrocknen. «Ich mache damit gute Erfahrung auf meinen Böden und erziele auch bei dieser Kultur ansprechende Erträge», so Vogt.

Kiesen BE: Anbau von Rüebli und Kartoffeln im Aaretal

Ernst Waber aus Kiesen BE baut ebenfalls Kartoffeln und ausserdem Rüebli an. Auf dem Betrieb wurde bereits 1976 die erste Bewässerungsanlage installiert. Auf diese trockenen Jahre folgten die eher nassen 1990er-Jahre.

[IMG 3] «Die Bewässerung wurde etliche Jahre nicht genutzt. Seit 2010 bewässere ich aber regelmässig. In den letzten Jahren – mit Ausnahme von 2021 – wäre der Anbau ohne Bewässerung nicht mehr möglich gewesen», sagt Ernst Waber. Auch in diesem Jahr rechnet er im flachgründigen und steinigen Boden des Aaretals mit Trockenheit.

Die Bewässerung wird vom Grundwasser gespiesen, das Wabers mittels Bewilligung nutzen können. Das Wasser wird durch Bodenleitungen zum Rollomaten (350 Meter lange Schlauchrolle und Beregnungsmaschine) geleitet. Zusätzlich sind Wabers mit einer Sprinkleranlage ausgerüstet, die rund 4 ha bewässern kann. Diese Sprinkleranlage wird fix im Rüeblifeld installiert.

«Wenn die Lage richtig prekär wird, kann ich ausserdem einen weiteren Rollomaten von einem Nachbarn mieten», sagt Waber.

Wabers setzen schon lange auf die Bewässerung als Strategie der Risiko-Verminderung. Dabei wird gerechnet: Die Schlauchrolle ausziehen und damit 2 ha für eine Nacht bewässern, koste rund 500 Franken, so Waber. Werden diese Kosten einem Ertragseinbruch aufgrund von Trockenheit gegenübergestellt, zeige sich, dass sich die Bewässerung durchaus lohne.

Zusätzlich vermeide er den Anbau von hitzeanfälligen Kartoffelsorten. So seien die Stauden von ihrer Genetik aus gegen Hitze und auch Trockenheit besser gewappnet, sagt Waber.

Und das Grundwasser, wird das nicht knapp? «Bei uns im Aaretal schwankt das Grundwasser im Jahresverlauf mit dem Pegelstand der Aare. Aber einen generellen Mangel erlebte ich noch nie», sagt Waber. Er räumt allerdings ein, dass er letzten Herbst einen Meter tiefer graben musste, um den Grundwasserspiegel zu erreichen. Da die Infrastruktur angeschafft ist und sich auch auszahlen muss, hat sich dieser Schritt für Wabers aber gelohnt.

Waltenschwil AG: Schwere Böden machen weniger Mühe

Das nächste Beispiel steht in einem gewissen Gegensatz zu Wabers in Kiesen. Auf dem Eichhof der Familie Meier in Waltenschwil AG sind die Böden mehrheitlich schwer und feucht. «Die eher trockenen Jahre sind für uns praktischer», sagt Christoph Meier. Meiers bauen neben Getreidekulturen und Zuckerrüben auch Futtermais für ihre Mastmunis an.

Im trockenen Sommer 2022 waren sie mit den Erträgen und der Qualität des eigenen Mais zufrieden. Den genauen Ertrag könne er nicht schätzen, weil sie den Mais beim Silieren nicht wägen, sagt Meier: «Wir machen aber beim Projekt «MaisNet» mit. Da haben wir bei der betriebsüblichen Variante einen Ertrag von 239 dt pro ha bei 39,7 % TS erreicht.»

Zugekaufter Mais, welcher unabhängig von den Wetterereignissen einen Teil des Bedarfs abdeckt, hätte aber schon unter der Trockenheit gelitten, beobachtete Christoph Meier.

Meiers verlassen sich nicht nur auf die Beschaffenheit ihres Bodens, sondern sie passen ganz bewusst die Bodenbearbeitung an: «Wir bearbeiten den Boden so wenig wie möglich, um die Bodenstruktur zu fördern. Ausserdem setzen wir auf Gründüngungen zwischen den Kulturen.» So bleibe die Winterfeuchtigkeit im Frühling länger erhalten, erklärt Meier.

Den Mais bringen Meiers mit Mulchsaat nach der Kunstwiese in den Boden. Mit dieser Strategie seien sie bis jetzt erfolgreich gewesen, zeigt sich Christoph Meier zufrieden. Auf extra Trockenheits-tolerante Sorten müsse er daher nicht achten.

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Versicherung gegen Trockenheit
Auf dem Schweizer Markt gibt es zwei Anbieter, die Versicherungen für Trockenheitsschäden anbieten:
- Schweizer Hagel (Schweizerische Hagel-Versicherungs-Gesellschaft)
- Mobiliar

So hat beispielsweise die Schweizer Hagel im Herbst 2022 das neue Produkt «Acker Basis» lanciert: Damit werden unter anderem fehlende sowie starke Niederschläge versichert. Die Auszahlung basiert dabei auf einem Index. Das bedeutet, dass LandwirtInnen entschädigt werden, sobald das versicherte Wetterereignis eingetreten ist – unabhängig vom tatsächlichen Schaden auf den Feldern.

Bei der Mobiliar erfolgt bei der Wetterversicherung eine Abschätzung des Schadens und eine anschliessende Auszahlung. Versichert werden können einjährige Kulturen (Getreide, Kartoffeln, Mais, usw.) gegen Hagel, Trockenheit, Frost oder Staunässe.